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Juli: Mal wieder ein aktueller Einblick in die Wissenschaft, eine Studie unserer Arbeitsgruppe, die zeigte, dass Stress bei Pferden zur vermehrten Linksseitigkeit führt (motorisch und sensorisch). Was das mit der Aufgabenteilung beider Gehirnhälften zutun hat und was den Stress auslöste erfährst du im folgenden Text...... zurück zu News

Heute folgt mal wieder ein Einblick in die Wissenschaft: 🤓Warum werden Pferde unter Stress linksseitiger? 🤔🐴

In einer aktuellen Studie unserer Arbeitsgruppe haben wir Jungpferde über einen Zeitraum begleitet und neben Stresshormonen auch die sensorische und motorische Lateralität/Seitigkeit beobachtet und deren Entwicklung dokumentiert. Die sensorische Lateralität beschreibt die bevorzugte Verwendung der rechten oder linken Sinnesorgane wie Augen und Ohren. 👀👂 Die motorische Lateralität/Seitigkeit beschreibt die bevorzugte Verwendung rechter oder linker Vordergliedmaßen. 👐 Biede sind eigenständige Faktoren, die unabhängig von der körperlichen Schiefe sein können.

In der aktuellen Studie konnte festgestellt werden, dass mit Erhöhung der Stresshormone die Pferde angefangen haben häufiger die linken Sinnesorgane zu verwenden. 👀👂 Die sensorische Lateralität verschob sich somit nach links. Mit etwas mehr Zeitverzug, aber 1 Woche nach Stressbeginn wurde ebenso eine häufigere Verwendung der linken Vordergliedmaßen beobachtet. 👐 Die motorische Lateralität verschob sich somit ebenfalls nach links. Demzufolge bilden diese beiden Parameter (sensorische und motorische Lateralität) gute Indikatoren, um Stress beim Pferd aufzudecken. Sie sind leicht zu beobachten und objektiv dazu.

Aber warum kommt es durch Stress zur Linksverschiebung?
Der Grund dafür liegt in der Aufgabenteilung beider Gehirnhälften. 🧠 Die rechte Körperhälfte unserer Pferde (auch unsere eigene) steht in vorrangiger Verbindung zur linken Gehirnhälfte, die als rationale Gehirnhälfte gilt. Sie reguliert Routineverhalten und ist für das Lernen zuständig. 👨‍🎓🤓 Die linke Körperhälfte unserer Pferde (auch unsere eigene) steht in vorrangiger Verbindung zur rechten Gehirnhälfte, die als reaktive Gehirnhälfte gilt. Diese reguliert das Verhalten in Stresssituationen sowie physiologische Stressantworten und reagiert deutlich auf Veränderungen/Neuerungen in der Umwelt. 😱 Unter Stresseinfluss wird daher nun die rechte Gehirnhälfte dominanter/aktiver, was sich auch darin äußert, dass die Pferde ihre linke Körperhälfte bevorzugen (Sinnesorgane und Vordergliedmaßen). Bei kurzzeitigem Stress verschiebt sich vorrangig nur die sensorische Lateralität nach links, während bei Langzeitstress eine Linksverschiebung in der motorischen Lateralität zu beobachten ist.

Wie wird die Lateralität gemessen?🧐
Die sensorische Lateralität lässt sich mit einem Novel-Object-Test sehr gut beobachten. Dem Pferd wird dabei ein ihm unbekanntes Objekt in 1-2m Entfernung präsentiert 🔺 und es wird beobachtet, ob die rechten oder linken Sinnesorgane oder beide zur Erkundung benutzt werden. Die Kopfbewegungen können dabei nur wenige Grad betragen. Man muss somit genau hinschauen. Dieser Versuch wird mit mehreren Objekten wiederholt und ein Index aus allen Daten berechnet. Bei der motorischen Lateralität wurde beobachtet, welches Vorderbein beim Grasen oder Heufressen bevorzugt vorangestellt wurde. 🌾 Dazu werden in 30-Sekunden-Intervallen die Beobachtungen notiert und aus allen Daten ebenso ein Index berechnet.

„Mein Pferd ist stark linksseitig. Hat es Stress?“ 😱
Um sagen zu können, ob ein Pferd Stress hat oder nicht, ist es wichtig Veränderungen zu beobachten. Es gibt nämlich Pferde, die in stressfreien Situationen eher linksseitiger sind als andere. Gründe dafür können zum Beispiel in der Rasse, dem Alter, der Emotionalität und Persönlichkeitsaspekten, wie den cognitive Bias liegen (Infos dazu auf meiner Homepage hier). Also nur eine LinksVERSCHIEBUNG über einen bestimmten Zeitraum kann auf Stress deuten. Das Pferd beginnt dann häufiger die linken Sinnesorgane oder Vordergliedmaßen zu verwenden als es für das Pferd normal wäre. Untersuchungen legen dennoch nahe, dass Pferde, die in stressfreien Situationen eine Bevorzugung für die linke Seite haben, stressanfälliger sind.

Was war die Stresssituation in der Studie? 🤔
Die Jungpferde wuchsen zunächst in einer Gruppe auf (Winter: Laufstall, Sommer: Koppel). 🐴🐴🐴🐴 Wie noch häufig üblich wurden die Pferde dann zum Anreiten in Einzelboxenhaltung ohne regelmäßigen Paddockgang aufgestallt. 🐴 Dies führte zu einem deutlichen Anstieg der Stresshormone, ⬆️ der mit der Zeit zwar abflachte, aber den niedrigen Ausgangswert nicht mehr erreichte. Laut allen erhobenen Parametern haben die Pferde im Laufe der Studie (2 Monate) keine starke Beeinträchtigung des Wohlergehens erlebt, aber es ist unklar, wie sich die Haltungssituation über einen längeren Zeitraum auf die Entwicklung der Pferde auswirken könnte, denn die motorische Lateralität blieb auch nach den 2 Monaten im Vergleich zur Ausgangssituation nach links verschoben. ⬅️

Wenn Boxenhaltung, dann ist es wichtig, dass die Pferde täglich einen Ausgleich haben, der es ermöglicht die in der Box eingeschränkten natürlichen Bedürfnisse (Bewegung und Sozialkontakt) auszuleben. Bestenfalls einen Koppelgang mit mindestens einen Artgenossen. 🐎🐎🐎 Aus eigener Erfahrung heraus kann ich nur bestätigen, dass die Pferde dann ausgeglichener und leichter zu trainieren sind. Dies wurde auch schon in anderen wissenschaftlichen Studien mit Daten bewiesen. Aber das ist genug Material für einen weiteren Bericht ;-)

Detaillierter Informationen findet ihr in der Publikation:
https://royalsocietypublishing.org/doi/full/10.1098/rsos.191994


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